Charakterisierung des elektrophysiologischen Substrats bei Patienten mit Vorhofflimmern

Gemäß aktueller Leitlinien erfolgt die Stadieneinteilung von Vorhofflimmern (VHF) in (1) erstmals diagnostiziert, (2) paroxysmal, (3) persistierend, (4) lange persistierend und (5) permanent. Hierbei handelt es sich um eine symptombasierte klinische Klassifikation. Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass diese Einteilung unzureichend definierte Übergänge hat und nicht mit der tatsächlichen VHF-Last – und somit mit der Progression des eigentlichen Krankheitsprozesses – korreliert. Dennoch dominiert diese Einteilung den klinischen Alltag und spielt eine wesentliche Rolle bei der individuellen Therapieplanung (Rhythmus- vs. Frequenzkontrolle). Da die Erfolgsraten einer Normalisierung des Herzrhythmus durch interventionelle oder medikamentöse Therapie jedoch abhängig sind vom individuellen Krankheitsstadium, wäre eine Einteilung wichtig, die mit dem Schweregrad des elektrophysiologischen Remodelings korreliert, um so die aktuell begrenzten VHF-Therapieerfolgsraten zu verbessern.

Im Rahmen des vorangegangenen Antrags (SE 1758/3-1, SCHO 1350/2-1) wurden Techniken entwickelt, mit denen elektrophysiologische Charakterisierungen von Gewebeeigenschaften und Arrhythmiemechanismen möglich sind. Es wurden Computermodelle mit Hilfe experimenteller Daten so modifiziert, dass Mutationen simuliert werden. Auf diese Weise konnten Pathomechanismen der Entstehung von VHF identifiziert werden. Auch konnten wir zeigen, dass sich Wirkungsweise und Wirksamkeit verschiedener Antiarrhythmika im Mutationsmodell deutlich vom Kontrollmodell unterscheiden.

Die entwickelten Techniken sollen nun in diesem Antrag eingesetzt und erweitert werden, um eine individualisierte Charakterisierung des heterogenen Gewebesubstrats bei VHF durchzuführen. Hierzu werden die Modelle mit Hilfe neuer Methoden zur invasiven Erfassung der effektiven Refraktärphase des Vorhofgewebes sowie der Herzfrequenzabhängigkeit (Restitution) von Ausbreitungsgeschwindigkeit und Signalamplitude (Voltage) am Patienten angepasst. Hierbei werden aus den atrialen Messdaten von bis zu 70 Patienten mit zumeist persistierendem VHF sowohl individuelle als auch patientengruppen-spezifische elektrophysiologische Modelle erzeugt. In den Modellen wird dann für die unterschiedlichen Gruppen numerisch das Arrhythmiepotential bestimmt. Durch Identifikation von Clustern in den Daten wird eine neue Klassifizierung entwickelt, die das individuelle Krankheitsstadium besser wiederspiegelt. In den einzelnen Stadien wird dann numerisch eine optimale medikamentöse bzw. interventionelle Therapie für VHF berechnet. Vielversprechende Ergebnisse sollen in ersten experimentellen Versuchen evaluiert werden. Durch Korrelation der Stadien mit zusätzlich an jedem Patienten nicht-invasiv erfassten Parametern (z. B. EKG P-Wellen-Form und Ultraschall-Meßgrößen) soll langfristig eine verbesserte individuelle Therapieempfehlung möglich sein, um erfolgreichere VHF Behandlungen mit einem vorteilhafteren Verhältnis zwischen Nutzen und Risiken der Therapiekonzepte zu ermöglichen.