Modellierung des menschlichen Gehirns zur Bestimmung von räumlichen und zeitlichen Temperaturverläufen für die Behandlung von ischämischen Schlaganfallpatienten mittels selektiver Hypothermie

In den westlichen Ländern ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache. 80% aller Schlaganfälle liegt eine Ischämie durch Gefäßverschluss zugrunde. Bei den restlichen Betroffenen kommt es zu einer intrazerebralen oder subarachnoidalen Blutung. Die Sterberate beim ischämischen Schlaganfall liegt bei ca. 25%, während 35-55% aller Patienten eine bleibende Behinderung zurückbehalten.

Hypothermie ist eine neue, vielversprechende Behandlungsmethode des Hirngewebes bei einer Blutunterversorgung, wie sie beim ischämischen Schlaganfallpatienten auftritt. Das Ziel der Behandlung ist ein verringerter Metabolismus und eine entzündungshemmende Wirkung, um schwere Hirnschäden zu verhindern. Hierfür ist die exakte Kontrolle der lokalen Hirntemperatur und der Kühlungsparameter notwendig. Leider ist eine selektive, genaue Messung der Temperatur in den betroffenen Hirnregionen mit einer intracranialen Sonde invasiv und bietet daher ein zusätzliches Verletzungsrisiko.
Ein neuer Ansatz ist die Entwicklung eines Verfahrens zur selektiven Blutkühlung in der Nähe des betroffenen Gefäßes in Kombination mit der Gefäßreperfusion. Die hierfür nötige Sonde kann im hinführenden Gefäß platziert werden, aber nicht im Hirngewebe (Parenchym). Das Parenchym wird durch Kapillare mit Blut versorgt und ist nicht zugänglich.

Am Institut für Biomedizinische Technik in Karlsruhe ist die Hauptaufgabe des Forschungsprojekts die Entwicklung und Modellierung eines Hirnmodells, welches die wichtigsten Blutgefäße des Hirns sowie das Parenchym enthält. Das Modell beinhaltet die spezifischen Gewebeeigenschaften (spezifische Wärmekapazität und Wärmeleitung) und berücksichtigt die Gefäßanatomie, um einen spezifischen Temperaturverlauf zu berechnen. Beim ischämischen Schlaganfallpatienten ist die Temperatur der betroffenen Hirnareale abhängig vom Grad des Gefäßverschlusses sowie von der Existenz möglicher Kollateralgefäße (Querverbindungen). Das fertige Modell ist in der Lage den zeitlichen, sowie den räumlichen Verlauf der Temperatur im Parenchym vorherzusagen. Die Modellvorhersagen werden mit in-vitro Messungen an vereinfachten Silikon und PVA Modellen des Hirns verifiziert.

Lutz PRJ 2017